Der Wert der Kryptowährungen hat ein neuerliches Hoch erreicht, da eine weitere Spaltung des Bitcoin die Spekulanten angetrieben hat. Jubel über den Preis sind überall zu hören und viele verspotten Janet Yellen, die Vorsitzende der Federal Reserve Bank, da sie durch ihre Politik unfreiwillig geholfen hat das Zentralbankensystem zu unterminieren. Doch nicht jeder wurde von diesem Jubel angesteckt und Chris Pacia, einer der führenden Entwickler hinter OpenBazaar lies auf Twitter Folgendes verlauten:
Janet Yellen must get a really good laugh at the thought of a speculative investment asset with no real world usage challenging the fed.
— Chris Pacia (@ChrisPacia) October 22, 2017
Pacias Klage basiert auf berechtigten Bedenken. Hinter all dem Guten, das der steigende Wert der Kryptowährungen bedeutet, gibt es doch einen Elefanten im Raum, den nur wenige wahrhaben wollen: das Meiste ist nur Spekulation. Das Bitcoin-Fieber, das die Welt gepackt hat, ist zu einem guten Teil bloßes Glücksspiel auf der Grundlage eines Hypes. Im Großen und Ganzen bleiben Kryptowährungen Spekulation und selbst Dash, das stärker auf Massenadaption setzt als jeder andere Coin, ist noch weit von seinem Ziel entfernt. Krypto-Anarchisten, die das Lob der digitalen Währungen singen, müssen bereit sein einen rauen Weckruf zu hören: Sie sind immer noch weitgehend abhängig vom alten Finanzsystem.
Wir feiern den Fiat-Reichtum
Zuerst müssen wir klarstellen, was es heißt, dass der Preis steigt: unser Reichtum an Fiatgeld nimmt zu. Der Preis von Kryptowährungen wird in Fiat gerechnet und letztlich ist jeder Traum von Reichtum darauf gegründet, dass wir irgendwann unsere Coins gegen Fiatgeld wieder eintauschen, um damit das zu kaufen, was wir haben wollen. Direkte Käufe mit dem, was wir als besseres Geld bezeichnen, sind immer noch eine Seltenheit. Natürlich ist nichts Schlimmes daran einen Profit machen zu wollen, vor allem, wenn man dabei ein System unterstützt, das nicht direkt von einer Zentralgewalt gelenkt wird. Doch wirklich frei ist man so noch lange nicht. Wenn das Leben unter der Zentralbank einen zum Sklaven macht, dann macht das reich werden durch Bitcoin einen lediglich zu einem glücklichen Sklaven.
Die Fesseln der Banken bleiben stark
Trotz des Geredes, dass man seine eigene Bank sei, spielt das alte Finanzsystem doch eine erstaunlich große Rolle im Neuen. Das meiste Handelsvolumen kommt von zentralisierten Handelsplattformen. Auf diesem Weg kriegen Leute ihre digitalen Coins und an diesem Ort halten sie diese auch länger als sie sollten. Und man bedenke, wie sie gekauft werden: durch das zur Verfügung stellen von Dokumenten, etwa durch Verifizierung einer ID, worauf eine Banktransaktion folgt. Auch beim Verkaufen findet ein ähnlicher Prozess statt, wenn auch manche Leute Debitkarten haben, deren Besitz ebenfalls die Vorlage einer ID voraussetzt, die durch eine Bank verwaltet wird und die die Coins für einen lediglich in Fiatgeld tauscht. Wie würdest du deine Kryptos ausgeben, wenn dir die Bank nicht zuerst die Erlaubnis gäbe?
Die dezentralisierte Kryptowelt ist eine Geisterstadt
Der traurigste Moment war für mich, als ich versuchte dezentralisierte Peer-to-Peer Dienstleister auszutesten. Es gibt eine Zahl an Plattformen, die einem die Möglichkeit geben Währungen privat zu tauschen, ohne, dass Informationen von der Plattform verlangt werden. Das ist die Hochform der digitalen Währungen: Peer-to-Peer Transaktionen, für die man nicht um Erlaubnis fragt. Manche, wie etwa Wall of Coins, haben das Benutzererlebnis so reibungslos wie möglich gehalten. Doch leider nutzt kaum jemand dieses Angebot und selbiges gilt auch für Bisq, das als ultimative Lösung gegen die Zensur beworben wird, da jeder anonym durch einen Client tauschen kann. Die meisten anderen Peer-to-Peer-Dienste sind ebenfalls nur Geisterstädte ohne nennenswerte Aktivitäten, während all die selbst ernannten Krypto-Anarchisten brav ihre staatlichen Dokumente einreichen, Bankverbindungen angeben und zentralisierte Plattformen bevölkern.
Ein Anschlag auf die Kryptoszene wäre nicht fatal, aber dennoch niederschmetternd
Wir dürfen nicht den größten Vorteil der Kryptowährungen vergessen: Schutz vor Zensur. Dieses System ist darauf ausgelegt weiter zu funktionieren, selbst wenn es verboten wird. Also widmen wir uns kurz einem Gedankenexperiment: Kryptowährungen werden verboten. Was passiert? Viele Anleger sind nun arm, da sie ihr Geld auf großen, zentralisierten Plattformen gespeichert haben, die nun alle offline sind, wodurch die Coins mit ihnen verschwanden. Zweitens werden selbst jene, die ihr Geld sicher gelagert haben, unter einem Wertverlust zu leiden haben. Drittens kann kaum mehr jemand etwas kaufen, da fast alle Möglichkeiten, um in Fiatgeld zu wechseln, verschwunden sind. 99% der Krypto-Wirtschaft werden in Rauch aufgehen und von den verbleibenden 1% her muss alles wieder neu aufgebaut werden. Und dies ohne zentralisierte Systeme, Fiatgeld oder Banken. Doch in der Not bestände auch die Chance die wahrhaft freie Wirtschaft der Zukunft aufzubauen. Wir dürfen uns nicht selbst betrügen in dem Glauben, wir hätten diese schon erreicht.
Wenn wir den Preisanstieg im Krypto-Markt feiern, dann feiern wir nicht die globale finanzielle Freiheit. Wir feiern lediglich den steigenden Wert unserer Investitionen, die globale finanzielle Freiheit versprechen. Das große Ziel ist weiterhin nur ein Traum. Wir müssen ihm Zeit geben, um wahr zu werden.